Positionspapier

Schlüsselkompetenzen – ein Muss akademischer Bildung

Mit ihrem Positionspapier „Schlüsselkompetenzen – ein Muss akademischer Bildung“ ruft die Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen in Lehre, Forschung und Praxis e.V. zur Verstetigung sowie Weiterentwicklung von Schlüsselkompetenzangeboten an Hochschulen und Universitäten auf.

Das Papier wurde basierend auf empirischen Einsichten, Diskussionen und Beiträgen aus dem Vorstand und den Arbeitskreisen anlässlich der Debatte um Schlüsselkompetenzen als Future Skills in einem partizipativen Prozess entwickelt und am 09.09.2020 bei der Mitgliederversammlung verabschiedet. Es unterstreicht die Bedeutung von Schlüsselkompetenzen, die nicht zuletzt durch die derzeit massiven Veränderungen der gewohnten Lebensumstände und der Bildungslandschaft an Relevanz gewinnen.

Gleichzeitig entstand das Papier vor dem Hintergrund der an zahlreichen Hochschulen und Universitäten auslaufenden Finanzierung von Schlüsselkompetenzangeboten und -projekten.


Schlüsselkompetenzen – ein Muss akademischer Bildung

Positionspapier der Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen in Lehre, Forschung und Praxis e.V. zur Verstetigung sowie Weiterentwicklung von Schlüsselkompetenzangeboten an Hochschulen und Universitäten, September 2020

Wir fordern die Verantwortlichen an den Hochschulen und Universitäten, in der Bildungspolitik, in den ländergemeinsamen Einrichtungen für die Qualitätssicherung in Studium und Lehre sowie in der Forschungsförderung auf,

  • Schlüsselkompetenzbildung und deren kontinuierliche Weiterentwicklung als Daueraufgabe in Lehre und Forschung zu verstehen;
  • einschlägige Einheiten an den Hochschulen und Universitäten aufzubauen bzw. zu verstetigen, die in einer Verantwortungsgemeinschaft mit den Fachdisziplinen agieren;
  • die notwendigen Mittel für Lehre sowie wissenschaftliche Grundlagen- und Begleitforschung zu Schlüsselkompetenzen an der eigenen Hochschule bzw. Universität in ausreichendem Umfang dauerhaft bereitzustellen;
  • unbefristete Stellen für hauptamtliches Personal (u.a. wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, Lehrkräfte für besondere Aufgaben) mit entsprechender Expertise und Qualifikation zu schaffen;
  • Professuren im Themenfeld Schlüsselkompetenzen auszuschreiben und zu besetzen;
  • Fachkollegien und Mittel in der Forschungsförderung einzurichten;
  • die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen mit einem wesentlichen Anteil in den Studiengängen zu verankern;
  • gleichermaßen nicht-curricular eingebundene Wahlangebote im Sinne einer Freude am intrinsisch motivierten Lernen strukturell zu fördern;
  • ausreichend Zeiträume für entsprechende Angebote im Studienplan vorzusehen;
  • analog zur fachlichen Lehre Qualitätssicherungsmaßnahmen einzurichten (z.B. Benennung von Beauftragten oder Studiendekan*innen für Schlüsselkompetenzen, Einrichtung von Studienkommissionen etc.) und
  • die Expert*innen aus dem Bereich Schlüsselkompetenzen bei der Entwicklung und Akkreditierung von Studiengängen systematisch einzubinden.

Die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen ist unverzichtbarer Bestandteil akademischer Bildung und unerlässlich für die Bewältigung und Gestaltung aktueller und zukünftiger Herausforderungen. Seit Beginn der 2000er Jahre wurden an zahlreichen Hochschulen und Universitäten entsprechende Lehrangebote – häufig projektbezogen – realisiert sowie evaluiert, begutachtet und angepasst. Nun gilt es, einen massiven Verlust an Expertise und Potentialentwicklung zu vermeiden und diese hochwertigen Angebote äquivalent zur fachlichen Lehre klar strukturell abzubilden, nachhaltig zu sichern und damit nicht zuletzt den Vorgaben des Akkreditierungsrates zu entsprechen. Gleiches gilt für die Forschung auf diesem Gebiet.
Nur so kann dieser unverzichtbare Bereich akademischer Bildung bewahrt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch künftige Studierendengenerationen auf akademischem Niveau Kompetenzen entwickeln, die für ein gelingendes Studieren, ein erfolgreiches Arbeiten mit einem zeitgemäßen Verständnis von Kollaboration und Führungsverantwortung sowie für die gesellschaftliche Teilhabe notwendig sind. Nur so können die akademischen Institutionen ihrem eigenen Anspruch an eine umfassende Bildung gerecht werden und ihr individuelles Profil abrunden.
Schlüsselkompetenzentwicklung bedeutet dabei mehr als Qualifizierung im rein arbeitsmarktbezogenen Sinn: Entsprechende Lehrangebote unterstützen Studierende entlang des Student Life Cycle, ihr (Fach-) Studium selbstständig zu meistern, sich auf ein erfolgreiches und persönlich zufriedenstellendes Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und sich als mündige Bürger*innen für Gesellschaft und Gemeinwohl einzusetzen.
Durch die Förderung derjenigen „(…) Kompetenzen, die alle Menschen für ihre persönliche Entfaltung und Entwicklung, Vermittelbarkeit, soziale Inklusion, eine nachhaltige Lebensweise, ein erfolgreiches Leben in friedlichen Gesellschaften, eine gesundheitsbewusste Lebensgestaltung und aktive Bürgerschaft benötigen“, leistet Schlüsselkompetenzbildung gemeinsam mit den Fachdisziplinen an Hochschulen und Universitäten einen Beitrag zum individuellen wie zum gesellschaftlichen Wohl.
Die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Lehrbeauftragten und Honorarkräfte an den Hochschulen und Universitäten schaffen durch ihren Einsatz in der Lehre und durch ihre Forschungserkenntnisse den professionellen Rahmen, in dem junge Menschen sich darin üben können, Unsicherheit, Kontingenz, Wandel und andere Herausforderungen spätmoderner Gesellschaften nicht als Belastung zu empfinden, sondern als Möglichkeitsraum, in dem sie handlungsfähig sind und sich auch so wahrnehmen. Dabei gehen die für die Gestaltung und Vermittlung von Schlüsselkompetenzen Verantwortlichen getreu dem Motto ‚Nichts ist so beständig wie der Wandel‘ ausgesprochen flexibel mit den jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen um. Sie reagieren zeitnah auf aktuelle Geschehnisse – wie krisenbedingte Migration, Digitalisierung oder Lock-Down – und gestalten gleichzeitig den Wandel mit, indem sie Studierende bei der Entwicklung von zukunftsfähigem Wissen, Fähigkeiten und einer entsprechenden Haltung begleiten und ihnen helfen, sich selbst zu befähigen.
Bei alledem berücksichtigen sie die Bedarfe der einzelnen Hochschulen und Universitäten in den verschiedenen Bundesländern: Sie gehen auf fach- und standortspezifische Besonderheiten ein, leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum jeweils angestrebten Kompetenzprofil der Absolvent*innen und tragen zur Profilierung der eigenen Hochschule und Universität bei.

Kurzum: Schlüsselkompetenzen – ein Muss akademischer Bildung!

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Jetzt anhören: “New Learning” – Durch die Krise zu neuen Lernformen und Kompetenzen?

“Richtig gut studieren” Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Oktober 2020